Urteil

Kinder in Familienpflege: öffentliches Pflege- und Erziehungsgeld; privates Pflegegeld

Vfg. OFD Frankfurt v. 31. 7. 1996 - S 2121 A. - 14 - St II 20

Zahlungen für die Betreuung, Versorgung und Erziehung eines Kindes in einer fremden Familie werden entweder aus öffentlichen Kassen oder von privater Seite, dabei in der Regel von den leiblichen Eltern des Kindes, geleistet.

  1. Aus öffentlichen Kassen gezahltes Pflegegeld und Erziehungsbeitrag (Erziehungsgeld) für Kinder in Familienpflege

    Personen die ein fremdes Kind versorgen und erziehen, erhalten in bestimmten Fällen wegen der Kosten, die dadurch typischerweise entstehen, finanzielle Leistungen aus öffentlichen Mitteln (Pflegegeld im weiteren Sinne). Diese Leistungen werden entweder in einem einheitlichen Betrag gezahlt oder sie setzen sich zusammen aus einem Betrag, der unmittelbar der Sicherung des Lebensbedarfs des Kindes dient (Pflegegeld im engeren Sinne), und aus einem Erziehungsbeitrag (Erziehungsgeld)

    Sowohl das Pflegegeld und engeren Sinne als auch das Erziehungsgeld stellen steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 11 ESTG dar. Dies gilt auch bei Tages- oder Kurzzeitpflege. Voraussetzung ist jedoch, daß es sich um eine auf Dauer angelegte Pflege handelt und die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird. Erwerbsmäßig wird die Pflege betrieben, wenn das Pflegegeld die wesentliche Erwerbsgrundlage darstellt. Bei einer Betreuung von bis zu fünf Kindern kann ohne nähere Prüfung unterstellt werden, daß die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.

    Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben klargestellt, daß mit dem Kriterium auf Dauer" die Dauer gemeint ist, die die Situation des Kindes bzw. der Familie erfordert, Dies kann im Einzelfall infolge einer plötzlichen Notsituation auch ein relativ kurzer Zeitraum sein (z.B. bei Erkrankung der Mutter).

  2. Von privater Seite gezahltes Pflegegeld
    Für die einkommenssteuerrechtliche Behandlung des von privater Seite gezahlten Pflegegeldes gilt Folgendes:

    1. Bei den Vergütungen, die eine Pflegeperson für die Betreuung eines fremden Kindes erhält, handelt es sich um steuerpflichtige Einnahmen aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Dies gilt auch für den Teil der Vergütung, der für den unmittelbaren Lebensunterhalt des betreuten Kindes verwendet wird. Eine § 3 Nr. 11 EStG entsprechende Steuerbefreiung gibt es für Zahlungen aus privaten Mittel nicht.
    2. Die Pflegepersonen leisten Aufwendungen für den Lebensbedarf und die Betreuung des Kindes. Es ist anzunehmen, daß in privaten Pflegestellen Aufwendungen in etwa gleicher Höhe anfallen wie in Pflegestellen, für die Pflegegeld aus öffentlichen Kassen gezahlt wird. In Anlehnung an die für Pflegegeldzahlungen aus öffentlichen Kassen getroffene Regelung wird daher aus Vereinfachungsgründen zugelassen, daß bei Pflegegeldzahlungen von privater Seite die folgenden Betriebsausgaben je Kind und Monat pauschal abgezogen werden:ab VZ 1988
      bei Tagespflege 480 DM
      (bei Teilzeitpflege der entsprechende Anteil
      bei Wochenpflege (5 Tage) 580 DM
      bei Wochenpflege (6 Tage) 640 DM
      bei Vollzeit-/Dauerpflege 750 DBei einem Teilzeitpflegeverhältnis und erhöhtem Aufwand durch mehrere Mahlzeiten (z. B. Frühstück und Mittagessen bei Betreuung bis Mittag) ist anstelle der zeitanteiligen Aufteilung eine Aufteilung unter Berücksichtigung der Mahlzeiten zulässig.
    3. Die Anwendung der Betriebsausgabenpauschalen ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die Pflegestelle von einem Jugendamt vermittelt worden ist.
    4. Bei der Bemessung der Betriebsausgabenpauschalen wurde berücksichtigt, daß die Kosten für den unmittelbaren Lebensbedarf des Kindes anders als bei Zahlungen aus öffentlichen Kassen nicht steuerfrei erstattet werden können. Es wurde unterstellt, daß mit dem Pflegegeld auch Sachaufwendungen (z.B. für die Verpflegung des Kindes) abgegolten werden. Entstehen der Pflegeperson dagegen keine oder nur unbedeutende Sachaufwendungen, sind die Betriebsausgabenpauschalen auf einen Betrag von 150,00 DM im Monat (bei Teilzeitpflege auf einen entsprechenden Anteil von 150,00 DM im Monat) zu kürzen.Als Sachaufwendungen kommen in Betracht:
      • Nahrungsmittel, alkoholfreie Getränke, Säuglings- und Kleinkindnahrung,
      • einzelne, nachgewiesene Aufwendungen für Kinder,
      • Aufwand für Wohnungsmieten, Energie; Güter für die Haushaltsführung Güter für die Gesundheits- und Körperpflege, Güter für Verkehr, Nachrichtenübermittlung; Güter für Bildung, Unterhaltung, Freizeit, Güter für persönliche Ausstattung, Reisen

      Wegen der unterschiedlich gelagerten Sachverhalte ist die Frage, wann der Pflegeperson nur unbedeutende Sachaufwendungen entstanden sind, vom zuständigen Finanzamt nach Lage des Einzelfalles zu entscheiden

      Vorstehende Regelungen gelten nicht für Tagespflegepersonen, die das Kind in der Wohnung der leiblichen Eltern betreuen, da die diesem Personenkreis entstehenden Aufwendungen, sofern solche überhaupt entstehen (z.B. Fahrkosten), regelmäßig leicht nachweisbar sind und daher eine Pauschalierung nicht zulässig wäre.

      Außerdem dürfte es sich in diesen Fällen regelmäßig um Arbeitsverhältnisse handeln, wobei bei den Arbeitnehmern für Werbungskosten pauschal 2 000 DM vom Arbeitslohn abzuziehen sind (§ 9 a EStG Arbeitnehmer-Pauschbetrag), wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden.